Vielfalt, Inklusion und Gleichheit im Gesundheitswesen: Warum multikulturelle Umgebungen in der Radio-Onkologie wichtig sind


Catia Pereira de Almeida

Vielfalt, Inklusion und Gleichheit (englisch: Diversity, Inclusion and Equality, DIE) sind zentrale Begriffe in Diskussionen über moderne Arbeitsplatzkultur und sozialen Fortschritt. Dennoch werden ihre wahre Bedeutung und die praktischen Auswirkungen oft nicht vollständig verstanden oder ausreichend gewürdigt.
Die Zusammenarbeit in multikulturellen Teams verdeutlicht die Vorteile dieser Prinzipien besonders eindrucksvoll: Sie fördert eine gesteigerte Problemlösungsfähigkeit, kreative Ansätze und berücksichtigt gezielt die vielfältigen Bedürfnisse von Patient:innen. Gleichzeitig gehen mit solchen Teams auch Herausforderungen einher – wie etwa Sprachbarrieren und kulturelle Missverständnisse –, die gezielte und durchdachte Massnahmen erfordern. Dazu gehören interkulturelle Kompetenztrainings, Sprachförderprogramme und der Aufbau einer inklusiven Arbeitsplatzkultur.
Die Verankerung von Vielfalt, Inklusion und Gleichheit in Bildung und beruflicher Weiterbildung kann durch die Weiterentwicklung von Lehrplänen und kontinuierliche Fortbildungsangebote erfolgreich gelingen.

Verständnis von Vielfalt, Inklusion und Gleichheit
Diversität, Inklusion und Gleichheit sind zentrale Begriffe in Diskussionen über moderne Arbeitsplatzkultur und sozialen Fortschritt. Ihre wahre Bedeutung und die praktischen Auswirkungen werden jedoch nicht immer vollständig verstanden oder ausreichend gewürdigt.

Einfach ausgedrückt bezieht sich Vielfalt auf das Vorhandensein von Unterschieden, wie zum Beispiel Ethnie, Geschlecht und Kultur innerhalb einer Gruppe, während Inklusion sicherstellt, dass sich vielfältige Individuen geschätzt, respektiert und aktiv eingebunden fühlen.

Der Begriff Gleichheit konzentriert sich darauf, faire Chancen und Ressourcen bereitzustellen, die auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sind, um gleiche Ergebnisse für alle zu ermöglichen.

Weshalb sind diese Definitionen heutzutage im Gesundheitswesen so wichtig? Eine naheliegende Antwort könnte sein, dass ein Team im Gesundheitswesen, das die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt, in der Lage ist, eine bestmögliche und individuelle Versorgung zu gewährleisten, die die Einzigartigkeit jedes Einzelnen berücksichtigt.

Ein Beispiel dafür ist eine Abteilung für Radio-Onkologie: Hier arbeitet ein interdisziplinäres Team aus Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen eng zusammen, um die Krebsbehandlung zu optimieren. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die Effizienz der Therapie zu steigern und den Patient:innen eine Versorgung auf höchstem Niveau zu bieten.

Vorteile von multikulturellen Teams
Wenn ein multikulturelles Team zusammengestellt wird, entstehen Dynamiken, die sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich bringen. Ein solches Umfeld verbessert die Patientenversorgung, da es besser auf die Bedürfnisse von Patient:innen mit unterschiedlichen Hintergründen eingehen kann, Innovationen fördert und die Zusammenarbeit im Team verbessert.

Multikulturelle Teams bereichern den Problemlösungsprozess durch eine Vielzahl von Perspektiven. Ein Team, das sich aus Personen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, Erfahrungen und verschiedenen Bildungssystemen zusammensetzt, bereichert den Problemlösungsprozess in mehrfacher Hinsicht. Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Standpunkten fördert die Kreativität und ermutigt die Teammitglieder, über herkömmliche Ansätze hinauszugehen und innovative Ideen zu entwickeln. Teams mit diversen Hintergründen sind in der Lage, mehr einzigartige Lösungen zu finden als solche mit homogener Zusammensetzung. Im Gesundheitswesen zeigen sich diese Vorteile besonders deutlich. Multikulturelle Teams treiben Innovationen voran, die es ermöglichen, komplexe Herausforderungen zu bewältigen und individuell angepasste Lösungen für jede Patientin und jeden Patienten zu entwickeln. Durch die Nutzung der Stärken vielfältiger Teams können Organisationen im Gesundheitswesen Herausforderungen effizienter angehen und Ergebnisse erzielen, die nicht nur innovativ, sondern auch nachhaltig und wirkungsvoll sind.

Herausforderungen in einem multikulturellen Umfeld
Trotz der immensen Vorteile bringt die Arbeit in multikulturellen Teams auch einzigartige Herausforderungen mit sich, die eine umsichtige Vorgehensweise erfordern. Sprach- und Kommunikationsbarrieren können häufig auftreten, wenn ein multikulturelles Team zusammengestellt wird und die Teammitglieder nicht dieselbe Muttersprache sprechen. Dies kann auch zu Missverständnissen bei der Übermittlung von Anweisungen zur Patientenversorgung führen.

Auf einer tieferen Ebene können auch kulturelle Missverständnisse auftreten und zu Spannungen in den Beziehungen zwischen Patient:innenen und Leistungserbringer:innen oder zwischen Kolleginnen und Kollegen führen. Wie können wir diese Hindernisse überwinden und uns ausschliesslich auf die positiven Aspekte konzentrieren? Gesundheitsinstitutionen können diese Barrieren durch gezielte Schulungen zur kulturellen Kompetenz, die Bereitstellung von Sprachunterstützungsdienste und die Förderung einer integrativen Arbeitsplatzkultur angehen.

Interkulturelle Kompetenz – der Schlüssel zum Erfolg
Die Definition von interkultureller Kompetenz ergibt sich aus der Untersuchung der Vorteile und Herausforderungen eines multikulturellen Gesundheitsumfelds.

Interkulturelle Kompetenz kann als die Fähigkeit definiert werden, Werte, Einstellungen und Überzeugungen, die sich zwischen Kulturen unterscheiden, zu verstehen und zu respektieren. Im Gesundheitswesen bezieht sie sich auf die Fähigkeit von Gesundheitsdienstleistern, ihre Dienstleistungen so zu erbringen, dass sie den sozialen, kulturellen und sprachlichen Bedürfnissen der Patient:innen entsprechen. Dies setzt voraus, dass sich die Angehörigen der Gesundheitsberufe ihrer eigenen kulturellen Voreingenommenheit bewusst sind und sich aktiv um Wissen über andere Kulturen bemühen. Wir als Angehörige der Gesundheitsberufe sollten uns fragen: Bin ich kulturell kompetent? Die Entwicklung interkultureller Kompetenzen kann uns helfen, Menschen aus anderen Kulturen zu verstehen und mit ihnen effektiv zu kommunizieren.

"Interkulturelle Kompetenz kann als die Fähigkeit definiert werden, Werte, Einstellungen und Überzeugungen, die sich zwischen Kulturen unterscheiden, zu verstehen und zu respektieren."


Integration von Vielfalt, Gleichheit und Inklusion in den Lehrplan
Wie bereits erwähnt, ist es in der heutigen, zunehmend vielfältigen und globalisierten Welt für uns als Gesundheitsfachpersonen von entscheidender Bedeutung, die Prinzipien von Vielfalt, Gleichheit und Inklusion zu verstehen und zu akzeptieren. Diese Themen sollten ein fester Bestandteil des Lehrplans sein, da sie den Schüler:innen und Studierenden das Wissen und die Fähigkeiten vermitteln, die notwendig sind, um effektiv in vielfältigen Umfeldern zu arbeiten. Durch die Integration von Vielfalt, Gleichheit und Inklusion in die schulische Ausbildung fördern wir nicht nur eine inklusivere akademische Atmosphäre, sondern bereiten zukünftige Fachpersonen auch darauf vor, komplexe soziale Dynamiken zu verstehen, mit vielfältigen Teams zusammenzuarbeiten und Herausforderungen im Zusammenhang mit Ungleichheit und Diskriminierung erfolgreich zu meistern.

Die zentrale Frage lautet daher: Ist Vielfalt, Gleichheit und Inklusion bereits im Lehrplan für Programme in der Radio-Onkologie an Hochschulen und höheren Fachschulen integriert? Vielfalt, Gleichheit und Inklusion sind nicht nur theoretische oder abstrakte Konzepte, sondern ein praktisches Set an Kompetenzen, die Fachleuten ermöglichen, in ihrer Karriere erfolgreich zu sein und einen positiven Einfluss auf ihre Arbeitsumfelder und Gemeinschaften auszuüben. Es ist entscheidend, Kurse anzubieten, die Themen wie soziale Gerechtigkeit, kulturelle Vielfalt sowie Diskriminierung und Privilegien behandeln.

Darüber hinaus sollte die Auseinandersetzung mit Vielfalt, Gleichheit und Inklusion nicht mit dem Abschluss enden. Im Berufsleben ist eine kontinuierliche Weiterbildung in diesen Bereichen notwendig, um sicherzustellen, dass Mitarbeitende weiterhin inklusive Praktiken fördern, die Zusammenarbeit im Team stärken und zur Entwicklung gerechter organisationaler Kulturen beitragen. Solche Schulungen unterstützen Einzelne dabei, unbewusste Vorurteile zu erkennen, Respekt zu wahren und Richtlinien zu etablieren, die Inklusion und Fairness am Arbeitsplatz fördern.

Letztlich sorgt die Integration von Vielfalt, Gleichheit und Inklusion in Bildungseinrichtungen wie auch in beruflichen Kontexten dafür, dass Individuen nicht nur in ihren Fachbereichen kompetent sind, sondern auch befähigt werden, aktiv und sinnvoll zu einer inklusiven und gerechten Gesellschaft beizutragen.

Bewältigung von Herausforderungen in Bezug auf Vielfalt, Inklusion und Gleichheit in der Teamführung im Gesundheitswesen
Die Leitung eines Gesundheitsteams in der Radio-Onkologie stellt aufgrund der Komplexität des Fachgebiets, der unterschiedlichen Hintergründe der Patient:innen und der Notwendigkeit einer hochgradig koordinierten Versorgung besondere Herausforderungen dar. Führungspersonen in diesem Bereich müssen nicht nur die technischen Aspekte der Behandlung meistern, sondern auch die zwischenmenschlichen Dynamiken sowie die vielfältigen Bedürfnisse der Patient:innen und der Gesundheitsfachpersonen berücksichtigen. Sind Führungspersonen, die diverse Teams leiten, ausreichend vorbereitet, um diese Herausforderungen zu bewältigen? Werden sie entsprechend geschult?

Obwohl Vielfalt, Inklusion und Gleichheit zunehmend in die Hochschulbildung integriert werden, hängt die Wirksamkeit dieser Programme auch davon ab, wie stark sich das Management zu diesen Werten bekennt und wie engagiert die Teammitglieder eingebunden sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Integration von Vielfalt, Inklusion und Gleichheit in der Hochschulbildung zunimmt, und viele Institutionen bereits Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass ihre Lehrpläne diese Werte widerspiegeln. Dennoch bleibt noch viel zu tun, um diese Initiativen umfassender zu gestalten und universell zu verankern. Vielfalt, Inklusion und Gleichheit müssen zu einem zentralen Bestandteil des Engagements aller werden – sowohl der Teammitglieder als auch des Managements.

Kontakt:

Catia Pereira de Almeida
Radiologiefachperson Radio-Onkologie
Luzerner Kantonsspital
Spitalstrasse
6000 Luzern
catia.almeida@luks.ch

Quellenangabe Vorschaubild: Adobe Stock, Hira/peopleimages.com

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